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Fuß- und Radwegbrücke in Holz-Beton-Verbundkonstruktion und Carbon

Innovative Multi-Material-Mix-Brücke über den Seeblickweg in Stuttgart setzt Bau-Maßstäbe

 
Carbon
Fuß- und Radwegbrücke über den Seeblickweg in Stuttgart: Weltweit einzigartig – eine weitgespannte Brücke mit einem Überbau in Holz-Beton-Verbundkonstruktion und einer Fahrbahnplatte mit nichtmetallischer Bewehrung. © Harrer Ingenieure GmbH
01.04.2023 - 28.02.2025

Projektbeschreibung

Ressourcenschonendes Bauen gelingt, wenn nachhaltige Baumaterialien und verschiedene Herstellungsverfahren innovativ kombiniert werden. Die neue Fuß- und Radwegbrücke über den Seeblickweg in Stuttgart ist die weltweit erste weitgespannte Brücke mit einem Überbau in Holz-Beton-Verbundkonstruktion und einer Fahrbahnplatte mit nichtmetallischer Bewehrung. In dem Projekt wurden Expertisen aus Baupraxis und -forschung gebündelt. Engebunden war von der Technischen Hochschule Augsburg Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel, Experte für Carbonbeton und wissenschaftlicher Leiter des TTZ Aichach im Forschungsfeld Massivbau.

 

„Durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe wie Holz in Kombination mit modernsten Materialen wie Carbonbeton und neuen Herstellungsverfahren setzt die Brücke Maßstäbe in puncto Innovation, Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel.

Die 73 m lange und 4 m breite Brücke verbindet die Stuttgarter Stadtteile Neugereut und Steinhaldenfeld. Die obere Wegplatte aus Carbonbeton schützt den Holzträger darunter vor Witterungseinflüssen und ist für den Lastabtrag zuständig. Gleichzeitig bringen die einzelnen Materialkomponenten ihre positiven Eigenschaften jeweils optimal zur Geltung: Holz die hohe Zug- und Carbonbeton die hohe Druckfestigkeit.

Die Brücke überspannt darunter verlaufende Verkehrswege mit zwei Hauptöffnungen. Die in Brückenmitte angeordnete V-förmige Mittelunterstützung ermöglicht Einzelstützweiten von ca. 31 – 8 – 31 m. Der Überbau der integralen Brückenkonstruktion besteht im Bereich des positiven Feldmoments aus einem Holz-Beton-Verbund-Querschnitt (HBV), so dass die positiven Eigenschaften der unterschiedlichen Baumaterialien voll ausgeschöpft werden. An den beiden Brückenenden und im Bereich der Mittelstützung wurde der Überbau aus Carbonmattenbewehrungen (3,4 m x max. ~15,0 m) mit einer Gesamtmenge von etwa 1,5 t als einstegiger Plattenbalken mit schlanken Kragarmen und Gesimsen ausgeführt. Auf eine zusätzliche Oberflächenbeschichtung wurde verzichtet, was besonders hohe Anforderungen an die zulässigen Rissbreiten von maximal 0,15 mm erforderte.

Ergebnisse als Teil der DAfStb-Richtlinie

Die Brücke wurde nach der vom Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb) neu eingeführten DAfStb-Richtlinie für nichtmetallische Bewehrung in Ortbetonbauweise geplant und errichtet. „Für die Umsetzung dieser neuartigen Bauweise und die Verwendung bauaufsichtlich noch nicht geregelter Materialien war eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung für die nichtmetallische Bewehrung sowie eine Zustimmung im Einzelfall für die Ver- und Anwendbarkeit einer Reihe von Bauprodukten erforderlich“, erläutert Timo Krämer, Leiter Brückenabteilung beim Planer Harrer Ingenieure.

Zur Übertragung der Schubkräfte des HBV-Trägers wurden erstmals stabförmige Carbonschubbügel eingesetzt. Die Versuchsreihen zeigten eine hohe Tragfähigkeit und noch statisches Potenzial zur Effizienzsteigerung. Dies wird in die DAfStb-Richtlinien aufgenommen. Eine weitere Innovation: Die Querkräfte aus dem Holzträger wurden über nichtmetallische GFK-Combarstäbe mit einer Kopfausbildung in die Massivplatte hochgehängt.

Teamwork

Für den Neubau der Brücke wurden Expertisen aus Baupraxis und -forschung gebündelt. Zu den beteiligten Projektpartnern zählen das Tiefbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart (Bauherr und Projektleitung), die Harrer Ingenieure GmbH, Ostfildern‐Nellingen (Planung Brückenbauwerk), die Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH, Stuttgart (Bauausführung), Hitexbau GmbH, solidian GmbH und Schöck Bauteile GmbH (Bewehrungshersteller), die Technische Universität Dortmund sowie die Technische Hoschschule Augsburg (Forschung zu Carbonbeton am TTZ Aichach).

Preise und Auszeichnungen

Die Fuß- und Radwegbrücke über den Seeblickweg in Stuttgart ist Teil der Internationalen Bauausstellung 2027 – IBA’27 in der Stadtregion Stuttgart, gelistet als Projekt 173.

Ebenso ist das Bauwerk nominiert von der International Association of Bridge and Structural Engineering (IABSE) für die IABSE Awards 2025 in der Kategorie „Innovation in Construction”. Die Preisverleihung findet am 14.11.2025 in Zürich statt.

Die Meilensteine

 

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat die Bauabschnitte ausführlich dokumentiert.

Screenshot von der Website der LH Stuttgart

Die Carbonmattenbewehrungen wurden auf 3,4 m x max. ~15,0 m mit einer Gesamtmenge von etwa 1,5 t verbaut.

Bilder: Harrer Ingenieure GmbH

Partner

 

Interne Partner

Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel

Architektur und Bauwesen

Telefon: 

+49 821 5586-3637

Julian Frede, M.Eng.

TTZ Aichach

Telefon: 

+49 821 5586-3724

Technologietransferzentrum für digitales Planen und Fertigen im Bauwesen

TTZ Aichach

Förderung

Der Neubau der Brücke über den Seeblickweg in Stuttgart wird aus Mitteln des
Bund‐Länder‐Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Die Soziale Stadt“ gefördert.

Externe Partner

Landeshauptstadt Stuttgart

Tiefbauamt

Bauherr und Projektleitung

Harrer Ingenieure GmbH

Planung Brückenbauwerk

Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH

Bauausführung

Hitexbau GmbH

Bewehrungshersteller

solidian GmbH

Bewehrungshersteller

Schöck Bauteile GmbH

Bewehrungshersteller

Technische Universität Dortmund

Forschung zu Carbonbeton